Wie im Flug zum Sieg – oder: Ein Gedankenspiel, der Flughafentriathlon

Was ist eigentlich der Unterschied zwischen einem Flug und einem Triathlon? Es gibt erstaunlich viele Parallelen. Stellen wir uns einen Flughafentriathlon vor:

 

Der Wettkampf ist seit Wochen ausgebucht. Nur in der Business-Class sind noch ein paar Plätze frei. Immer diese Profis mit ihren Sonderkonditionen. Es wurde auch so schon viel Geld ausgegeben, um am Ende doch wieder dort zu landen, wo man gestartet ist und selbst das nicht unbedingt erholter. Der Online-Check-In öffnet 12h vor dem Start. Dort ist es möglich seinen Wechselplatz auszuwählen. Gegen Aufpreis kriegt man einen mit viel Platz oder nah bei den Ausgängen. Am Wettkampfort angekommen reiht man sich in die vorgesehen Schlange ein: Agegrouper am Economy-Class-, Profis am Business-Schalter. Man holt sich die Startunterlagen ab und gibt sein Fahrrad auf. Wer keine Vieltrainingskarte vorweisen kann muss eine Tageslizenz lösen. Ist das Rad zu schwer, wird Übergepäck verlangt, ist das Rad zu groß, Übergrößenzuschlag. Die Räder werden einzeln auf Motoren durchleuchtet.

 

Bevor man den Startbereich betreten darf, muss man durch den Sicherheitscheck. Hier wird ein Ganzkörperscan gemacht, bei dem verbotene Substanzen im Körper problemlos erkannt werden und die schuldigen Athleten keinen Durchgang erhalten.

Im Messebereich werden Triathlon-Produkte angeboten. Trotz Duty-free zu überhöhten Preisen. Wasser gibt es immerhin umsonst. Ewig lange Schlangen an den Toiletten. Endlich darf man den Startbereich betreten. Kurz vor dem Start werden die Wettkampfregeln vom freundlichen Personal vorgestellt. 

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir bitten Sie um ihre Aufmerksamkeit für einige wichtige Sicherheitshinweise. Bitte vergewissern Sie sich, dass sich Ihr Handgepäck nicht mehr in der Wechselzone befindet und sicher verstaut ist. Die Gepäckabgabe ist für Gepäck und Garderobe geeignet. 

Zum Schließen des Helmverschlusses fügen Sie die Verschlüsse zusammen. Zum Lösen reicht ein Zusammendrücken des mittleren Verbindungsstücks. Da jederzeit Turbulenzen auftreten können, sind Sie verpflichtet, den Helm anzuschnallen, sobald Sie Ihren Sitzplatz auf dem Rad eingenommen haben. Wir weisen Sie darauf hin, dass während des ganzen Radfahrens der Kinnriemen des Helms geschlossen sein muss. Dies dient zu Ihrer eigenen Sicherheit.

Da Sie während des Wettkampfs einen elektronischen Chip benutzen, überqueren Sie die vorgesehene Timing-Matte. Nach Erreichen der Höhe der Startlinie wird dieser in Betrieb genommen. Der Gebrauch von Mobiltelefonen oder anderen elektronischen Geräten, wie z.B. MP3-Playern, ist aufgrund gesetzlicher Auflagen zu keiner Zeit während des Wettkampfs gestattet. Diese Geräte müssen vollständig abgeschaltet werden und dürfen erst wieder in Betrieb genommen werden, wenn Sie den Zielbereich verlassen haben.

Sollte es zu einem Druckabfall bei Ihnen kommen, öffnen Sie Ihren Mund. Sauerstoff wird fließen.

Vor dem Schwimmstart setzen Sie Ihre Schwimmbrille auf. Drücken Sie die Maske ganz zu sich heran und führen Sie die Öffnung fest über Ihre Augen. Danach helfen Sie teilnehmenden Kindern.

Unsere Wechselzone hat zwei Ausgänge: einen vorne und einen hinten. Diese sind mit dem Wort "Exit" gekennzeichnet. Bitte beachten Sie, dass sich der nächste Ausgang auch hinter Ihnen befinden kann. Pfeile auf dem Boden weisen Ihnen den Weg.

Dies ist ein windschattenfreier Wettkampf und Drafting ist zu keiner Zeit auf der Strecke erlaubt. Dies schließt die Kurven und Wendepunkte ein, in denen das Windschattenfahren besonders gefährlich ist.

Unter jedem Startbeutel befindet sich keine Schwimmweste. Auf Anweisung der Besatzung können sie jedoch einen Neoprenanzug benutzen. Schließen Sie dafür den Reißverschluss wie vorgeführt. Achten Sie auf ordnungsgemäßen Sitz, dass sich der Anzug auch erst im Wasser nicht aufbläst. Ziehen Sie jetzt Ihren Neoprenanzug an. Aus Geschwindigkeitsgründen empfehlen wir Ihnen ihn während dem gesamten Schwimmen anzubehalten.

Weitere wichtige Informationen entnehmen Sie bitte den Sicherheitskarten, die sich in den Wechselbeuteln befinden.

Zum Start stellen Sie bitte Ihren Rücken senkrecht und klappen Sie Ihre Arme zurück.

Die Zielzeit dieses Wettkampfs beträgt voraussichtlich 4 Stunden und 30 Minuten. 

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Wir wünschen Ihnen nun einen angenehmen Wettkampf und bedanken uns, dass Sie sich für uns entschieden haben.

 

An der Startlinie steht natürlich der Dickste direkt neben einen und nimmt die Hälfte meines Platzes zusätzlich in Anspruch. Als ob das nicht schlimm genug wäre, stützt er sich auch noch auf mich auf. Er benutzt mich quasi als Armlehne. Auf der anderen Seite ein Anderer mit panischer Wettkampfangst, tropfnass. Das Asthmaspray fest umklammert und wildes Zeug vor sich hin murmelnd. Die Startphase ist das Schlimmste. Mit dem Start erfolgt erstmal ein gewaltiger Schub, der alle Eingeweide nach hinten drückt. Oder war es der Nachbar, der rücksichtslos seine Beine in den Bauch gerammt hat? Tüten gibt es keine. Egal, Butter bei die Fische, bzw. was sonst so rauskommt. Man wird ordentlich durchgeschüttelt. Die Boing äh Boje weiß den weg. Da, endlich der Schwimmausstieg.

 

Jetzt den Kinnriemen ordnungsgemäß schließen und Platz nehmen auf dem harten Sitz. Die Landschaft gleitet an einem vorbei, als würde man fliegen. Man schwebt schwerelos dahin. Der Aerohelm sitzt eng am Kopf. Nur dieser Druck auf den Ohren… Die Programmauswahl ist gering. Jeder bekommt das gleiche zu sehen. Wie in Stuhlreihen hintereinander weg rollt das Feld geschlossen über die Strecke. Doch was ist das? Ausgerechnet der Vordermann will wohl etwas die Beine baumeln lassen, lehnt sich zurück und verringert den Abstand zwischen uns. Da hilft auch kein Rütteln und Schütteln. Die Folge ist eine Verwarnung des Wettkampfpersonals.

Die Luft ist unheimlich trocken. Der Wind kommt von allen Seiten und schüttelt einen gehörig durch. An Schlafen ist nicht zu denken, selbst wenn einem die Müdigkeit zunehmend überkommt. Diese Langweile! Nur die Verpflegung in regelmäßigen Abständen bringt etwas Abwechslung in das Geschehen. Es werden kalte Getränke gereicht. Manche verlangen rote (isotonische) Flüssigkeit mit Pfeffer (oder war es Salz?), die sie normalerweise nie zu sich nehmen. Später gibt es noch gelartigen Fraß. 

 

Es war eine harte Landung auf dem Asphalt, aber alles nochmal gut gegangen. Die Bremsen quietschen. Ist das ein Gedränge in der Wechselzone. Jeder möchte als erster raus. Man ist froh endlich wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Alles tut einem weh vom Sitzen. Die ersten Schritte laufen sich wie auf Eiern. Es folgt ein Marathon durch die strömenden Menschenmassen, an Absperrungen vorbei und durch (Zeitmess-)Kontrollen. Schilder weisen einem den Weg. So viele Zahlen, so viele Nummern. Mein Ziel ist die Nummer 42. Natürlich ganz weit hinten. Doch auf einmal läuft es. Man fühlt sich so schnell, als würde man auf einem Rollsteig laufen. Ein Gefühl, das schnell wieder vergeht. Doch dann hat man es geschafft.

 

Wenn man Glück hat erwartet jemand einem im Zielbereich mit einem Schild mit seinem Namen drauf und fährt einen heim. Auf dem Weg vom Gelände schwört man sich: nie wieder. Doch was ist das? Frühbucherrabatt auf den nächsten Wettkampf! Eigentlich war es doch gar nicht so schlimm, denkt man sich, während man die Kreditkarte zückt.

Entzückend, ein Wettkampf, so schön wie eine Reise.

 

 

...und nächsten #sonntag18uhr18 heißt es wieder #triaufsieg 

 

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