Ironman-70.3-WM auf Platz 12 der Altersklasse - oder: Wenn „ganz ok“ für eine Weltmeisterschaft einfach zu wenig ist

Nizza und ich, mit meinem dritten Start in der Küstenstadt Süd-Frankreichs fast schon ein Wettkampf-Zuhause geworden. Teils der schönen Stadt und Umgebung verschuldet, teils der Blick auf das Streckenprofil und zum großen Teil die vergangenen Ergebnisse lassen mich immer wieder zurückkehren. Nach einer Langdistanz, einer verkürzten Langdistanz und einer Mitteldistanz lässt sich ein Schlussstrich ziehen und zusammengefasst sagen: tolle Stadt, toller Wettkampf, aber echte Freunde werden die Radstrecke und ich nicht mehr. Aber von vorne.

Mit meinem Start bei der Ironman-70.3-WM am vergangenen Wochenende stand nicht nur eines der zwei großen verbleibenden Saisonhighlights an, sondern es schloss sich ebenso ein Kreis, auf dem ich mich seit der Ironman-70.3-WM 2015 in Zell am See befinde. 2014 in Budapest und 2015 im Kraichgau an der ersehnten Qualifikation noch gescheitert, erfolgte in diesem Jahr eine Art Wiedergutmachung für den inneren Frieden. Kraichgau mit einer Top10-Platzierung gerockt, verlief die Qualifikation etwas zu leicht, um bereits angesichts des Slots in Rage zu geraten. Doch die Freude und Aufregung stieg gleichermaßen. Denn anders als es vor vier Jahren der Fall gewesen wäre, ging ich konkurrenzfähig nach Nizza.

Schwimmen ohne Neo, dass ich das bei einem Ironman-Rennen nochmal erleben darf. Allein dafür hätte sich die Anreise gelohnt. Was sich allerdings bei der Startreihenfolge gedacht wurde, war nicht nachvollziehbar. Die schnellsten Altersklassenathleten (25-29)  als elfte Welle startete direkt nach der AK50, der AK55 und den Gehandicapten, keine halbe Stunde nach dem ersten Starter der AK60. Demnach trat nach wenigen Meter des Schwimmens bereits das auf, was auf der Radstrecke seinen Höhepunkt fand: Eine Enge, ein Gedränge, Abbremsen und Beschleunigen auf dem überfüllten Kurs. Sag niemals nie, aber Stand jetzt ist das für mich der Hauptgrund, dass dies meine letzte 70.3-WM war.

Als 44. meiner Altersklasse stieg ich aus dem Wasser, was ich glücklicherweise nicht wusste, hätte ich mich wohl sonst aus Frust auf den ersten Radkilometern so weggeballert, dass ich den Rest hätte schieben müssen oder gleich den Kopf in den Sand gesteckt, was beim Steinstrand von Nizza durchaus unangenehme Folgen gehabt hätte.

Auf dem Rad, dank SRAM/ZIPP perfekt ausgestattet (#sramaxs, #zipp858), begann die Strecke mit einem langen Berg, wie für mich gemacht. Doch wie das Leben, so das Radfahren: Es geht nicht immer nur bergauf. Es folgte eine lange, technische Abfahrt. Nicht bereit volles Risiko zu gehen und einfach meiner miserablen Abfahrtsfähigkeiten verschuldet, kostete diese mich, wie die letzten Male auch schon, viele Minuten und in der Endabrechnung wohl mehr als nur ein paar Platzierungen. Da das Bergabfahren, wie bei andern vielleicht eine andere Disziplin, zu meinen absoluten Schwächen, aber genauso zum Wettkampf dazu gehört, muss ich mir eingestehen, dass die Strecke doch nicht so auf mich zugeschnitten und andere einfach besser oder besser vorbereitet waren.

So konnte ich meine Platzierung im Vergleich zum Schwimmen zwar halbieren, doch die Top 10, geschweige denn, die Top 5 waren schon weit entrückt.

Warum ich meine besonnene und defensiv Taktik, die mich zwar des Öfteren schon so weit gebracht hatte (angesichts des Rückstands und dem Wissen nichts verlieren zu können, hier jedoch vielleicht nicht das Beste Mittel war) nicht einfach aufgab und mit Risiko, hopp oder top, das Laufen anging, beschäftigt mich nun im Nachhinein. Mit einem soliden Lauf mit Negativsplits konnte ich nochmal einige Plätze gut machen und mich auf Platz zwölf (mit 21 Sekunden auf die Top 10) vorarbeiten. Der Erfolg, statt auf z.B. 25 auf zwölf zu landen, erscheint mir jedoch viel geringer als mit vollem Risiko die minimale Möglichkeit das Podest (Top 5) zu erreichen. Abstände erhielt ich von meinen Eltern, die wiedermal für mich Stunden an der Strecke verbrachten und mir die Tage vorher (und wenn ich mir das recht überlege seit 29 Jahren) eine optimale Wettkampfvorbereitung boten. Vielen Dank.

Als Fazit muss ich sagen: Als Vorbereitungswettkampf für Hawaii war das in Ordnung, für eine Weltmeisterschaft nicht zufriedenstellend.

Die Lehre, die ich aus der WM ziehe:

  • Auch wenn nah dran: MD-Training ist kein LD-Training - oder: mit 35-km-Läufen gewinnt man keine MD-Weltmeisterschaft
  • Rolle-Fahren macht keinen Radsportler – oder: Gutes Bergauffahren ist keine Stärke, wenn man dadurch nur teilweise das schwache Abfahren kompensieren kann.
  • Wer nichts riskiert, gewinnt nichts – oder: Solide ist bei einem Quali-Rennen genug, bei einer WM nicht
  • Nach der WM ist vor der WM – Oder: die nächste WM ist immer die schwerste
  • Hawaii ist anders, gleich wäre ja auch langweilig

 

An dieser Stelle danke ich noch einmal SRAM und ZIPP für die materielle Unterstützung. Außerdem ein besonderer Dank an alle meine Sponsoren: namentlich zu nennen: Meine Frau, meine Eltern, meine Familie und meine Freunde, die mich seit Jahren mit ihrer Zeit, ihrer Geduld und ihrer physischer und psychischer Unterstützung sponsoren. Denn es gibt Dinge, die kann man nicht kaufen, für alles andere gehe ich arbeiten.