Mein Wettkampfbericht zum Ironman Hawaii

Der Ironman Hawaii 2019. Für mich nicht nur mein Rennen dieses, sondern das Highlight der letzten drei Jahre. Seit meinem Start in Kona 2016 war mein komplettes Training auf dieses Event ausgelegt mit dem Ziel das Podium und somit eine dieser hölzernen Schüsseln nach Hause zu bringen (#schüsselerlebnis). Dementsprechend hoch war der selbstauferlegte Druck und die Stimmung im Vorfeld etwas angespannt.

Es lief alles nach Plan. Zwei Wochen vor dem Rennen fingen das obligatorische Halskratzen und die paranoischen Krankheitserscheinungen, bestärkt durch den Temperatursturz in Deutschland und den schniefenden Kollegen im Großraumbüro, an. Glücklicherweise legten sich die wohl eingebildeten Erkältungssymptome nach dem Flug eingepackt in Mütze, Schlauchtuch und Mundschutz etwas.

Trotz meines nur einmaligen Besuchs auf der Insel war es nach der Landung wie nach Hause zu kommen. Alles wirkte so vertraut. Bei der ersten Trainingsfahrt auf dem Queen K Highway umgeben von Trucks und Lastwagen, die im Sekundentakt an mir vorbei rauschten und die ich überall auf der Welt wohl verteufelt und als schrecklich empfunden hätte, stellten sich eine gewisse Zufriedenheit ein, es so weit geschafft zu haben und der Ehrgeiz und Wille sich jetzt mit dem letzten Schritt auch noch zu belohnen. Dasselbe Gefühl kam ein weiteres Mal beim Schwimmen am Pier und Laufen bei praller Sonne im Energy Lab. Es klingt vielleicht doof, aber wahrlich magische Orte, für die sich die Anreise schon gelohnt hatten.

Wir entschieden uns ein Appartement 20 Minuten oberhalb von Kona zu nehmen, somit dem alltäglichem Triathlon-Rummel zu entgehen und uns auf Kosten der Akklimatisierung mit einer der Regeneration förderlicheren Temperatur zu umgeben.

Genau so oft wie sich die Vorhersage der Wetterexperten zwischen extremen Sturmböen und Windstille für den Samstag änderte, machte ich mir Gedanken, ob die Zipp 858 wohl die richtige Wahl gewesen sind. Im Nachhinein betrachtet wären diese wohl fahrbar gewesen, auch wenn ein 454-Vorderrad in Summe wohl keinen Nachteil dargestellt hätte.

So verstrich die Zeit bis zum Renntag.

Das Schwimmen, zum ersten Mal als Wellenstart ausgetragen, hatte meiner Meinung nach für das Gedränge im Wasser für mich in der Startgruppe M18-39 einen nur kleinen Vorteil, da ein Großteil der schnellen Schwimmer wohl dennoch vertreten waren. Nach dem mäßigen Schwimmen bei der 70.3-WM, bei dem mich das gute Gefühl getrügt hatte, wollte ich mir kein Bild über meine Ausgangslage bim Schwimmausstieg machen, sondern die Fakten sprechen lassen. Mit Platz 8 der Altersklasse und nur einer virtuellen Minute Rückstand auf das Hauptfeld der Profi-Männer, lag ich perfekt im Rennen. Um so mehr freut mich dieses Resultat, dass ich mit meiner Trainingssteuerung nach zwei kilometerreichen und einem eher intensiven Jahr Recht behalten habe und meine Schwimmleistung am Höhepunkt abrufen konnte.

Beim Radfahren war ich dank meines Arbeitgebers (#sram #zipp #zipperges) mit einer #SRAMAXSRED, einem #QUARQ Powermeter und einem #ZIPP858 Laufradsatz perfekt ausgestattet. Mit hitzebedingt reduzierter Wattzahl genoss ich auf den ersten Kilometern mit nahezu leerer Radstrecke den Vorteil des schnellen Schwimmens. Langsam hangelte ich mich von Grüppchen zu Grüppchen und immer weiter nach vorne.

Dann, um es mal positiv darzustellen, wechselte ich nach 35 km mit mäßigem Wind mein Vorderrad auf eine Niedrig-Profilfelge um den anschließenden Seitenwind ideal gegenüber stehen zu können. Das schwere Gewicht des Ersatz-Laufrads half mir dabei nicht so schnell weggeblasen zu werden. Die 9:55 min, die ich durch den Wechsel verlor, konnte ich durch den Vorteil des etwas in die Jahre gekommenen Alulaufrads mit Carbonverkleidung auf den anschließenden 150 km ganz locker wieder herausfahren (#lachtat). Anders ausgedrückt, ich hatte einen Platten und musste mein Vorderrad wechseln.

Leider konnte ich in diesem Moment, ausgerechnet hier und dem zweiten Renndefekt in elf Jahren Triathlon (der erste vor wenigen Wochen), die Dinge nicht ganz so positiv sehen. Wenn nach drei Jahre Vorbereitung auf diesen Wettkampf, dem Ironman Hawaii, dem Traum eines jeden Triathleten, nach einem sehr guten Schwimmen, nach 35 km auf dem Rad das Rennen quasi gelaufen ist, muss man erstmal tief in sich gehen und dem Drang widerstehen, das Rad weit in die Lavawüste zu schleudern. Situationsbedingt bekleckerte ich mich beim Schlauchwechsel zugegebenen Maßen auch nicht mit Ruhm. Habt ihr schon mal versucht mit zittrigen und schwitzigen Fingern mit dem Ventil das Loch einer 80-mm-Felge zu finden, während die Konkurrenz massenweise an einem vorbeizieht? Schwieriger als es zunächst klingt. Anschließend montierte ich den Schlauch verdreht im Felgenbett. Die folgende Hilfe der Servicekraft des Materialwagens trug auch nicht zum schnelleren Weiterfahren bei, da seine Standpumpe, im Gegensatz zu der am Morgen, das kurze Ventil nicht erfassen konnte. Erst als ich auf einen kompletten Radwechsel bestand, konnte ich zeit- und materialgeschwächt die Verfolgungsjagd antreten. Fast zehn Minuten… In dieser Zeit hätte Edmund Stoiber seinerzeit in den Hauptbahnhof in München einsteigen und zum Flughafen fahren können.

Nun im überfüllten Hauptfeld angekommen und in der Altersklasse 40 Plätze zurückgefallen, kämpfte ich mich durch die Leute. In diesem Moment ärgerte mich die Tatsache im Gedränge fahren zu müssen und das Gefühl des einsamen Athleten auf Hawaii verschenkt zu haben mehr, als der eigentliche Zeitverlust. Mit Höhen und Tiefen, jedoch ohne die Kontrolle zu verlieren, bewältigte ich die 180 km zurück nach Kona.

 

Angesichts der aussichtslosen Ausgangssituation (ungefähr Platz 30.) ohne Chancen aufs Podest hatte ich trotz der ganzen Situation viel Spaß beim abschließenden Marathon. Ich tauschte mich mit anderen Athleten aus und genoss die Stimmung, die Umgebung und das gute Wetter ;) ohne jedoch den Blick von der Uhr zu nehmen. Ein 3:10 h Marathon auf Hawaii schwebte mir nach wie vor als Ziel vor Augen.

 

Auch wenn es nicht das Thema ist ein kurzer Exkurs: Warum laufen so viele viel zu schnell los? Liegt es an ihrer Matheschwäche oder gnadenloser Selbstüberschätzung? Von geschätzt 500 Leute, die mit unter 4er-Schnitt die ersten Kilometer angehen, läuft maximal einer einen 2:42-h-Marathon, und dieser heißt Jan Frodeno. Jeder kennt das Gefühl nach dem Radfahren, dass selbst ein hohes Tempo sich recht locker anfühlt. Aber auch wenn es sich locker anfühlt, heißt es nicht, dass es nicht viel Energie kostet, die am Ende dann fehlt. „Was man hat, hat man“ NICHT! Was man drüber hatte, fehlt einem am Ende! Bremst euch doch einfach auf genau das geplante Tempo. Schneller werden könnt ihr am Schluss. Alles andere ist einfach nicht zielführend. Es geht nicht darum, dass ich nicht Risiken für eine Topplatzierung eingehen würde, doch selbst ein Hinauswachsen über sich selbst bewegt sich nur im Bereich weniger Sekunden pro Kilometer und nicht im Halben-Minuten-Bereich.

 

Nach zehn Kilometern des Überholtwerdens fing ich langsam an, alle die zuvor an mir vorbei gelaufen waren wieder einzusammeln. Nach dreißig zog ich selbst nochmal das Tempo an. Zwischenzeiten und Platzierungen, übermittelt durch meine Frau, hatte ich kursbedingt zuletzt nach zehn Kilometern erhalten. Zwei Kilometer vor dem Ziel dann die Überraschung: Platz 10 in Reichweite. Doch auch das blieb mir vergönnt. Trotz einer Zeit von 3:09:52 h im abschließenden Marathon blieb mir nur der elfte Rang.

Hätte es ohne die verlorene Zeit des Plattens und dem Laufradnachteil zum Podium gereicht? Wäre die magische 9-h-Marke gefallen? Möglich ist es. Aber es gibt nun mal kein „vielleicht“ und „wäre“ in Zeiten und Platzierungen. Was mir bleibt, ist eine zufriedenstellende Leistung und das Wissen, dass ich auf der Langdistanz in meiner Altersklasse mit den Besten mithalten kann. Ja, die Enttäuschung ist dennoch oder vielleicht gerade wegen der Leistung so groß, denn am Ende zählen nackte Zahlen. Und mein Müsli esse ich halt weiter aus einer Porzellan- und keiner Holzschale.

 

Mit nicht dem idealen Ende kann ich dennoch auf eine erfolgreiche Saison 2019, mit Platz 10 in Kraichgau und dem Quali-Rennen in Nizza auf Platz 1 der AK25 zurückblicken. Dass die beiden Weltmeisterschaften (70.3 WM und Hawaii) nicht ganz ideal liefen, muss ich noch etwas verarbeiten. Nach der Saisonpause geht es dann weiter. AK30 fürchtet euch ;). Wäre Bled, wenn nicht (#challengebled). Denn die Ampel steht auf Roth! #rothwild

 

Der größte Dank geht an meine Frau, Alessa, die mich nicht nur im und vor dem Hawaii-Rennen, nicht nur schon die ganze Saison supportet und mit Zahlen versorgt, mich nicht nur auf der tollen Reise begleitet, mich nicht nur im Vorfeld ertragen, sondern mich auch die letzten Jahre immer unterstützt und das Leben und Training so oft wie möglich durch ihre Begleitung schöner gemacht hat und auch zukünftig schöner machen wird.

Danke auch an jeden, der an mich gedacht und mit mir mitgefiebert hat. In der Situation des Plattens hat mir dies die meiste Motivation gegeben, das Rennen in dieser Art und Weise zu Ende zu bringen.

 

Danke an meine Athleten, die mir in dieser Saison mit ihrer Leistung Bestätigung auch für meine eigene Trainingsplanung geben. Im nächsten Jahr kommen auch hier spannende Projekte auf mich zu. #IMHamburg #CoachProE #trainandaero